Ein Sommerspaziergang Phase 4

Kein Meer in Sicht

By on Juli 26, 2017

Als ich in der Früh Koomi aufweckte und die heutige Tour mit ihr durchging, merkte ich, dass diese noch gar nicht offline gespeichert war. Das wäre im tiefsten Piemont kein Problem gewesen, hier in Frankreich weiß man nie. Also habe ich das noch schnell nachgeholt.
Eigentlich hätte es für mich ein Zeichen sein sollen! Ich habe gestern zwei alternative Routen für die heutige Wanderung geplant. Eine Kürzere oberhalb der Gebirgskette, entlang derer ich gehen würde und eine Längere unterhalb. Die Längere war die offizielle via alpina bzw. GR52A Strecke und hatte einen Aussichtspunkt am Plan. Pässe gab es schon lange keine mehr. Die Kürzere ersparte ein paar Höhenmeter und Kilometer, aber nur 30 Minuten. Da es nur ein Koomi-Vorschlag war, wusste ich auch nicht, wie ernst ich diesen nehmen kann. Ich entschied mich für die offizielle Variante.
In La Bollène Vésubie, dem einzigen Ort auf der heutigen Tour und natürlich auch mein Einkehrörtchen für den zweiten Kaffee und ein in der Bäckerei nebenan gekauftes Brioche, teilten sich die zwei Routen. Ich ging weiter Koomi nach und stand auf einmal vor einem Wanderkreuz, einer Markierung mit keinen zwei parallelen rot-weißen Linien, sondern zwei Linien, die ein X bilden. Es war eindeutig ein „hier geht es nicht weiter“-Symbol. Koomi war aber überzeugt, dass doch. Da ich quasi vor der Touristeninformation stand, holte ich eine zweite Meinung ein. Die nahezu greise Dame dort bestätigte Koomis Wahl und auf den Hinweis dort sei aber eben ein X meinte sie nur „wo?“. Ich zeigte ihr das Zeichen, sie meinte es geht aber dort lang und das X kann sie auch nicht deuten. Also machte ich mich auf den Weg.
Kurzer Check der Geocaches zeigte mir nur einen Cache, der so gar nicht auf der Route lag. Ich wunderte mich zwar ein bisschen warum ich mir diesen denn gespeichert hätte, aber dass es ein weiteres Zeichen sei, auf die Idee bin ich nicht gekommen.

Nach gut einer Stunde ohne jeglicher Wandermarkierungen und Schilder befragte ich doch mal wieder Koomi und da sah ich es. Ich hatte gestern eh die via alpine Route gespeichert und sie heute mit der kürzeren Variante ersetzt. Ich war also auf keinem offiziellen Wanderweg unterwegs. Kurzfristig kam Panik auf. Was ist, wenn das wieder so ein Koomireinfall wird und ich auf einmal im Niemandsland ohne weiterem Weg steh? Zusätzlich kam auch Trauer auf. Ich würde nicht an dem Aussichtspunkt vorbei kommen und irgendwie war die Hoffnung, dass wenn da schon ein Aussichtspunkt kommt, dass dieser auch mal ein bisschen Meer zeigt. Ob es so gewesen wäre, werde ich wohl nicht erfahren.
Der Weg den ich entlang ging, war ein Schotterweg. Der müsste ja irgendwo hin führen, notfalls käme ich ganz wo anders raus, aber in der Zivilisation, denn hier war weit und breit nur Nichts. Als dieser dann auch aus war, kam gottseidank ein Wanderschild und dieses zeigte auf einem Pfeil auch tatsächlich in die Richtung, in die ich wollte, zum Col du Turin! So falsch lag Koomi also gar nicht. Es wurde zwar sehr steil und abenteuerlich, aber es war ein markierter Wanderweg, der mich 1,5h später an mein heutiges Ziel brachte.

Dort gab es eine schöne Überraschung, mich begrüßte nicht nur das Besitzerpärchen freundlich, sondern auch ein 21 Monate alter, verspielter, verschmuster Akita Rüde. Als der Besitzer, der ein sehr lustiges, witziges, nettes Kerlchen ist, mit ihm Spazieren gehen wollte und meinen verträumten Blick sah, fragte er mich gleich, ob ich den Job haben will. Und so legte ich noch ein bis zwei KM an die heutige Route dran und ging mit dem Rüden spazieren.

Das Meer scheint mir nicht nur heute verwehrt zu werden

Ich hatte eine guten Plan für unser kleines Entscheidungsproblem. Tom hat seine bereits gefällt, er kommt erst am Sonntag. Ich hatte in der Früh auch einen Plan, und zwar einen guten. Wer sagt eigentlich, dass ich nach Monaco muss? Ich wäre einfach am Freitag nach Menton gegangen. Immerhin gehen da alle, die nicht nach Nizza gehen, hin. Dann wäre ich am 100sten Tag am Meer gewesen und hätte sozusagen das Ende des französischen Weitwanderweges GR5 erreicht. Dort könnte ich dann auf meine Schätze gemütlich warten und den Samstag in einem netten Zimmer mit Balkon und Blick aufs Meer genießen. Das war die Bedingung. Blick auf die Berge kam auf keinen Fall in Frage. Leider kam die Entscheidung zu spät, denn es gibt einfach kein entsprechendes Zimmer mehr. Menton will mich nicht.

Und so ist mein perfekter Plan flöten gegangen und ich stehe wieder vor der Entscheidung … nach Monaco gehen oder warten.

Tagesstatistik
zurückgelegte km: 21km
überwundene Höhenmeter: 1400 bergauf / 400 bergab
höchster Punkt: 1680m – kurz vorm Col du Turin
tiefster Punkt: 570m – La Bollène Vésubie
Stunden unterwegs: 7h

absolvierte Stages: 1
gefundene Geocaches: 1
davon T5: 0

Kosten: ?,-
Übernachtung: ?,-
Kaffee, Brioche: 4,50
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Fotos von heute
zur Unterkunftsbewertung

Hôtel les Chamois

Route auf Komoot

Route

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Höhe statt Ferne

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2017 war für mich das Jahr der weiten Wanderung – in 100 Tagen ging ich von Graz nach Monaco.

Als ich damals im Piemont am Monte Rosa vorbeigewandert bin, wusste ich … irgendwann werde ich diesen Gebirgszug nicht nur aus der Ferne betrachten. Aus “irgendwann” wurde “sehr bald” …

… und so habe ich 2018 meine Prioritäten anders gelegt und mich unter dem Motto “Höhe statt Ferne” kürzer, dafür höher nach oben orientiert und auf einer zweitägigen Tour meine ersten 4.000er Gipfel bestiegen und auf der höchsten Berghütte Europas übernachtet.

In meinem Tagebuch kannst Du über dieses besondere Erlebnis nachlesen.

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