Ein Sommerspaziergang Phase 2

Weitere Verluste – ein Zeichen?

By on Juni 6, 2017

Der Tag hat zwar mit einem genialen Frühstück gut begonnen, aber das war auch alles. Naja, eigentlich hat er nicht mal so gut begonnen. Denn ich musste in der Nacht vorm Schlafen gehen fest stellen, dass der Trockenraum zwar für die hängenden Sachen ausreichend war, aber meine Schuhe dachten nicht mal im geringsten daran, dort trocken zu werden. Also borgte ich mir einen der dort herumstehenden Heizlüfter aus und veranstaltete im Zimmer eine Sauna. Die Schuhe waren in der Früh trocken, ich dafür komplett durchgeschwitzt.

Dann gab es aber seit langem wieder ein richtiges Frühstück, mit richtig gutem Müsli und Obst und Wurst und Käse und als ich dann fertig zusammengepackt war, hat es sogar aufgehört zum Regnen. Es ist immer leichter in einer Trockenphase raus zu gehen, als in den Regen hinein. Auch wenn man weiß, dass es nicht dabei bleibt. Die Wettervorhersage für heute war sehr einseitig: Regen.

Wir waren aber noch keine 30 Minuten unterwegs, passierte das erste Unglück. Ich wollte einen tschechischen Wolfshund fotografieren, weil er mich an einen Nachbarshund erinnerte, mit dem sich Vaishavi immer ein kleines Heulkonzert lieferte. Die zwei wären ein schönes Paar gewesen. Da merkte ich, dass ich das Kapperl vom Objektiv nicht drauf hatte. Da es nicht weit weg war, wo ich das letzte Foto gemacht hatte und es dort noch drauf war, beschloss ich umzukehren. Irgendwie war meine Kehrtwende zu schnell für die Wuffis, die sich schon wieder in den Leinen verheddert hatten, so dass ich entweder über ihre Leine oder über Pups selbst, ich weiß es nicht mehr, es ging so schnell, drüber gefallen bin. Diesmal so richtig. Hin und wieder haut es ja einen auf, weil es rutschig ist oder im Schnee, aber diesmal machte ich mit meinen Rucksack eine richtige Rolle in den Schotter und riss mir dabei die Regenhose am Knie auf, von den restlichen Schürfwunden nicht zu sprechen, aber die verheilen wieder. Ob ich die Löcher irgendwie flicken kann, weiß ich nicht. Aber zumindest fand ich das Kapperl auf der Straße, gerade noch rechtzeitig bevor ein Auto kam.

Dann kam der Aufstieg durch die Nebelwand, begleitet vom Nieselregen. Auch wenn das nicht gerade das beste Wetter ist, hatte es trotzdem was. Die Stimmung war mystisch und es war ein richtig gutes Gefühl, die Höhenmeter überwunden zu haben, auch wenn wir am Weg die eine oder andere Schwierigkeit hatten, den richtigen Weg zu finden. Ab da sollte es gemütlich weiter gehen. Die nette Überraschung des Tages kam dann bei der Alpe San Romerio, einer Einkehrmöglichkeit, die offen hatte! Perfekt für den Mittagskaffe und natürlich gab es dazu einen selbstgemacht Kuchen, diesmal Schoko-Birne. Karina, eine Berlinerin auf Auszeit, gesellte sich zu mir und wir plauderten über das “ich bin mal weg”-Thema. Die Alpe ist sehr nett und ich wunderte mich, warum ich diese hier nicht als Übernachtungsmöglichkeit in Betracht zog. Leider dürfen Hunde hier nur in der Gaststube oder draussen übernachten, aufs Zimmer dürfen sie nicht. Das war es also. Aber sonst ist es ein guter Tipp, genau richtig gelegen!

In San Romerio habe ich mich umgezogen, denn irgendwie musste ich leider feststellen, dass die angeblich so super regenfeste Jacke wohl doch nicht so regenfest ist und mein Shirt war komplett nass. Danach holte ich noch den dort versteckten Cache, ging dann nochmal zurück zu Karina, da ich wiedermal mein Kapperl vom Objektiv verloren hatte. Danach machte ich mich aber endlich körperlich gestärkt durch Kaffee und Kuchen und mental gestärkt durch das nette Gespräch weiter auf den Weg – ein Fünftel hatten wir da schon.

Irgendwann kam dann sogar die Sonne raus. Was aber eigentlich mühsam war, denn dafür hatte ich zu viel an. Da ich aber mein frisch umgezogenes Gewandt nicht voll schwitzen wollte, fing ich an herum zu hantieren und mich auszuziehen. Dabei dürfte ich wohl wiedermal das Kapperl vom Objektiv verloren haben. Gemerkt habe ich das natürlich erst später, ging die Strecke dann auch nochmals auf und ab aber da war nichts. Bei einer 24km = 8,5h Wanderung und das in nassen Schuhen ist das Hin- und Zurückgehen echt zermürbend und diese Kleinigkeit hat dann auch gereicht. Das war wohl das berühmte i-Tüpfelchen. Ich rief Tom an und beschwerte mich über das Klumpert-Kapperl, dabei kann er ja wohl wirklich am wenigsten dafür und mir auch hier nicht helfen. Ich hab einfach schon ca. 5000 Fotos gemacht und wenn ich annehme, dass ich ca. fünf auf einmal mache, dann habe ich das Objektiv einfach schon 1000 Mal auf und zu gemacht. Das Kapperl war somit schon ausgeleiert. So sehr ich auch darauf aufgepasst habe, es war ihm wohl bestimmt, auf diesem Wanderweg zu bleiben.

Nach dem Telefonat ging es mir besser. Ich brauchte das, ich brauche Tom und es ist gut, das zu wissen, für ihn und für mich.

Da hat mir dann der starke Regen, der natürlich erst kam, als wir auf der Asphaltstrasse waren und keinen Schutz durch Bäume hatten, auch nur mehr halb so viel ausgemacht. Schlimmer konnte es ja nicht mehr werden und nass waren wir so oder so.

Da habe ich mich aber ordentlich geirrt. Das wurde mir bewusst, als ich im Hintergrund das leichte Donnern hörte. Da fiel mir auch ein, dass ja eine gewisse Gewitterwahrscheinlichkeit für heute vorausgesagt wurde. Es waren noch immer 2 Stunden zu gehen, als uns dieses erreichte. So nass war ich glaube ich in meinem Leben noch nicht, und die wasserscheuen Akitadamen erst recht nicht. Da half es auch nicht, dass Koomi irgendwann sich verabschiedete und ich immer wieder das Handy aufdrehen musste, um zu schauen, wohin es weitergeht.

Auch für heute wählte ich eine Unterkunft mit Föhn und Heizung. Letzteres haben sie aber natürlich nur im Winter, aber ich konnte einen Heizlüfter raus verhandeln, die Sauna ist also vorprogrammiert und geht ganz schnell, denn heute haben wir definitiv das kleinste Zimmer bis jetzt. Die armen Pupsen werden von mir ständig geweckt, denn wenn ich ins Bad will, muss sich eine umlegen, wenn ich zum Schrank will, die andere. Einen Wasserkocher stellten sie mir auch zur Verfügung, ich muss wirklich ganz Mitleid erregend ausgeschaut haben, als wir ankamen. Leider geht nur entweder Heizlüfter oder Wasserkocher, sonst fliegen die Sicherungen.

Bevor ich dann noch mit meinem Abendprogramm angefangen habe, machte ich mich in dem nassen Gewand auf die Suche nach  einem Supermarkt für die Fleisch- und Gemüseeinkäufe und stellte erst zu spät fest, dass das Prepaidvolumen meiner italienischen in Bruneck erstandenen Karte ausgelaufen war. Also musste ich auf die altmodische Art meinen Weg erfahren … durch fragen. Ob man heute in Zeiten von Navis und Google Maps trotzdem noch im Fremdsprachenunterricht lernt, einen Weg zu beschreiben? Wir haben das jedenfalls in Spanisch zur Vergasung geübt und so konnte ich das Italienische auch verstehen.

Ein neuer Punkt auf der heutigen Agenda war Zecken von den Hunden runter klauben, ca. 1 Stunde lang war ich damit beschäftigt. Sie müssen da irgendwo durch ein Nest gelaufen sein. Zumindest konnte ich Vaishavi wieder ein bisschen von ihrem Fell befreien.

Als ich mich dann endlich um 20:30 hingesetzt habe, um meine vom Frühstück eingepackte Jause zu essen, kam mir das Telefonat mit Tom wieder in den Sinn. Ich war sehr fertig und meinte ja diese ganzen Verluste seien kein gutes Zeichen, alles ginge kaputt oder verloren. Tom’s Antwort war sehr verlockend. Er packt mich einfach nach dem Besuchwochenede von Irmi, Novi und Tom ein und nimmt mich mit nach Hause. Ein Sommer am Pool liegend, im Garten lesend, in der Hängematte schlafend, im Sitzsack mit den Katzen kuschelnd, klingt doch eigentlich echt genial. Ich glaube, ich bin auch emotional so weit, nach Hause zu fahren, zu Tom zu fahren. …

Aber jetzt aufgeben? Jetzt wo die mühsame Phase II fast geschafft ist bzw. es ausschaut, als ob sie zu schaffen wäre. Zwar jetzt dann wieder mit Tricksen, denn die nächsten drei Hütten, ohne denen es anders nicht weitergeht, sperren erst MITTE JUNI auf! Also ist wieder Zug/Bus/Taxi angesagt, aber das wussten wir auch, macht ja irgendwie die Phase II aus. Und ab dann sollte es doch leichter gehen, ab dann sollte doch der Schnee passierbarer sein und die Hütten offen haben … jetzt dann aufgeben … warum eigentlich nicht?

Tagesstatistik
zurückgelegte km: 25,7
überwundene Höhenmeter: 1040 bergauf / 1570 bergab
höchster Punkt: 1830m – bei San Romerio
tiefster Punkt: 440m – Tirano
Stunden unterwegs: 8

absolvierte Stages: 2
gefundene Geocaches: 2
davon T5: 0

Kosten:
davon Übernachtung: 39,- inkl. Frühstück
Essen für Tiere:
Links

Fotos von heute
zur Unterkunftsbewertung
Hotel Corona
weitere Links
Alpe San Romerio
Route auf Komoot

Route

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12 Comments
  1. Antworten

    K2

    Juni 7, 2017

    Hallo Ania.

    Kopf hoch !
    Nach jedem Tal (der Tränen) geht es wieder auf einen netten Berg (mit toller Aussicht).

    K2.

    • Antworten

      weltraumaeffchen

      Juni 9, 2017

      HI,

      gut, dass ich kein Pessimist bin, sonst müsste ich sagen, statt toller Aussicht mit dichtem Nebel.
      Die Aussicht der letzten Tage war übrigens wirklich auch toll!

      LG, Ania.

  2. Antworten

    Cose

    Juni 7, 2017

    Wenn du jetzt aufgibst, wirst du dich schon bald sehr ärgern… durchhalten! Eine Ania gibt nicht auf… Und Tom und die Katzen warten auf dich! Und du wirst es nur genießen können, wenn du vorher deinen Weg gegangen bist – und der ist noch nicht zu Ende…

    • Antworten

      weltraumaeffchen

      Juni 9, 2017

      ich muss immer wieder an unsere Wanderung durch den Schnee, die Du auch in Deiner Hochzeitsrede beschrieben hast denken … nein, ich gebe nicht auf, aber allein ist es echt hart 🙁

  3. Antworten

    Carina

    Juni 7, 2017

    Liebe Ania,

    da hattest du ja wirklich einen turbulenten Tag gestern – da darf man wohl auch mal ins Zweifeln kommen. Ich bin froh, dir einen kleinen Lichtblick mit Schoggi-Kuchen und einem Plausch auf der Alpe beschert zu haben. Davon wünsche ich dir mehr die nächsten Tage und gutes Durchhalten! Wenn du es geschafft hast und erhobenen Hauptes in Monaco einläufst, wirst du sicher vor Stolz platzen 🙂

    Alles Liebe aus dem kleinen Paradies und vielleicht auf ein Wiedersehen
    Carina

    • Antworten

      K2

      Juni 7, 2017

      Hallo Carina.

      Bei Euch ist es aber auch toll !

      Ich kam im Juli 2014 bei Euch auf einen Kuchen (in die andere Richtung – also die richtige gen Monaco) vorbei und hatte Ania einen Zwischenstopp bei Euch ans Herz gelegt.

      Die Alpe hatte es übrigens trotz des nur recht kurzen Aufenthalts in meine persönliche Top-5 der irgendwann nochmal zu besuchenden Orte im Lauf des Alpenbogens geschafft.

      Schöne Grüße
      K2.

      • Antworten

        Carina

        Juni 18, 2017

        Liebe/r K2,

        danke für den Kommentar – und dass du Ania den Tipp gegeben hast 🙂
        Wir freuen uns, dass wir auf deiner Top-5-Liste stehen !

        Vielleicht ja also bis bald, ganz liebe Grüße
        Carina

    • Antworten

      weltraumaeffchen

      Juni 9, 2017

      Liebe Carina,

      schön, dass Du Dich hier meldest.

      Ich hätte einfach bleiben sollen und mit den Wuffis in der Gaststube übernachten sollen … ist ja auch ganz gemütlich 🙂

      Ich wünsche Dir einen tollen Sommere in Deinem Paradies! Wir sehen uns bestimmt mal wieder.

      Liebe Grüße, Ania.

      • Antworten

        Carina

        Juni 18, 2017

        Liebe Ania,

        klar hättest du bleiben können 🙂 So kommst du nun einfach irgendwann mal wieder und ich würde mich sehr freuen wenn wir uns dann sehen.

        Alles Liebe für den weiteren Weg, tolle Sache!
        Carina

  4. Antworten

    baugue, Günter

    Juni 7, 2017

    Hallo Ania!
    Da hast du ja wieder viel zu erzählen und zu Hause ist es auch schön aber nicht wegen einer Abdeckkappe. Das die Funktionsjacken nicht dicht bleiben hab ich auch schon erfahren, Eine neue Hose wirst du auch bald besorgen können und auch die Abdeckkappe und denke daran……….außer Tom sind noch viele mit dir auf der Wanderung und halten dir die Daumen.
    Günter

    • Antworten

      weltraumaeffchen

      Juni 9, 2017

      Hallo Günter,

      danke fürs Anfeuern und dass Du mit wanderst – das bedeutet mir viel!

      Liebe Grüße, Ania (die nicht aufgibt!)

  5. Antworten

    Apollo

    Juni 7, 2017

    Armes nasses Äffchen… 🐒☔️

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Höhe statt Ferne

zur StoryView more

2017 war für mich das Jahr der weiten Wanderung – in 100 Tagen ging ich von Graz nach Monaco.

Als ich damals im Piemont am Monte Rosa vorbeigewandert bin, wusste ich … irgendwann werde ich diesen Gebirgszug nicht nur aus der Ferne betrachten. Aus “irgendwann” wurde “sehr bald” …

… und so habe ich 2018 meine Prioritäten anders gelegt und mich unter dem Motto “Höhe statt Ferne” kürzer, dafür höher nach oben orientiert und auf einer zweitägigen Tour meine ersten 4.000er Gipfel bestiegen und auf der höchsten Berghütte Europas übernachtet.

In meinem Tagebuch kannst Du über dieses besondere Erlebnis nachlesen.

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