Höhe statt Ferne Rifugio San Ferioli

Ein Jahr später wieder im Ref. Ferioli

By on Juli 27, 2018

Um 7:00 läutete der Wecker. Aber ich konnte auch so nicht schlafen, so aufgeregt war ich. Heute ging es aufs Refugio S. Ferioli – endlich! Ich packte das Monte Rosa Equipment aus und ließ es bei Marco zuhause. Auch Volkers Rucksack blieb hier. Wir würden am Sonntag, bevor es dann endlich auf über 4000 ging, hier nochmal alles umpacken. Es war auch schon klar, dass ich nicht alles mitnehmen konnte, was ich wollte. Marco meinte, er nimmt mich mit so einem schweren Rucksack nicht mit. Ich bin nun auch etwas beruhigter, denn auch wenn er kein richtiger Bergführer ist, hat er definitiv viel Erfahrung. Er erzählte mir gestern, übrigens in gut verständlichem Englisch, von seinen ganzen Bergtouren, wo unter anderem auch der Mont Blanc und der Elbrus dabei waren. Fotos von unseren geplanten Tour zeigte er mir auch und ich muss gestehen, der Respekt vor dem Geplanten wächst immer mehr.

Erste Lektionen

Gestern kam vom Rifugio der Auftrag, Aperol und Campari mitzunehmen, offenbar haben Gäste alles ausgetrunken. Nachdem ich Gewicht losgeworden bin, schnappte ich mir die zwei Flaschen gleich. Marco protestierte zwar kurz, aber sein Rucksack war einfach zu klein. Bevor wir unseren Aufstieg begannen, gab es noch einen schnellen Kaffee in der Vineria. Frühstück wurde ganz gestrichen. Um 8:30 ging es los. Normalerweise brauchen hiesige Jungs angeblich 1,5h rauf, mit mir und meinem Rucksack schätzte er 2h, mit Fotos 2,5h.

Als wir vor über einem Jahr diesen Weg runterkamen, konnte ich mich nur auf die verletze Vaishavi und den unglaublichen Davis, der sie trug, konzentrieren. Heute kamen aber die Erinnerungen wieder, an das verträumte Alagna, an die wunderschönen Walserhäuser, an die 500 Steinstufen, den Fluss und das Badeplatzerl, die Tränke, in die Ryoko reingesprungen ist, den wunderschönen Wanderweg 208 und die Berge, die uns umgaben. Unterwegs bekam ich schon die erste Lektion, nämlich wie man die Wanderstöcke hält. Man darf auf keinen Fall durch die Schlaufen! Denn wenn die Stöcke irgendwo im Schnee, Eis, Fels stecken bleiben, kann man sich den Arm verrenken. Als eine höhere Felsstufe kam und ich diese ohne Stockeinsatz überwand wurde ich auch gleich gerügt. Ganz schön streng der junge Mann. 😉

Nach knapp unter 2h wurden wir von Volker und seinem Neffen im Refugio begrüßt. Sie sind bereits gestern Abend nach einer Mördertour hier angekommen und wollten heute noch nach Alagna. Aber ein kurzes Pläuschchen ging sich noch aus, bevor sie den Abstieg angingen und ich wieder das Mannschaftsquartier bezog.

Bevor ich mich nützlich machen konnte, nahm ich mir noch 1,5h für mein tägliches Sportprogramm. Es war zwar schon spät und die Sonne heizte ganz schön ein, aber „mein“ Hubschrauberlandeplätzchen war einfach zu einladend. Mit dem Blick auf die Berge sind die Sonnengrüße einfach etwas ganz besonderes und mit der Bergluft die Atemzüge noch viel tiefer und langsamer als sonst.

Geniale Aussicht beim Yoga

Aktuell sind im Refugio drei Helfer, Mattia, Massimo und Simone. Ich durfte am Rifugio Alltag teilhaben. Sie meinte, ich solle mich wie zuhause fühlen, nun also ab in die Küche. 😉 Alles spielt sich hier in dem kleinen, dunklen Raum ab. Elektrizität gibt es hier ja nicht, nur ein bisschen von Solarzellen gespeisten Strom. Deswegen wird auch sehr sparsam damit umgegangen. Ich war sehr froh, dass ich sowohl meinen Akkupack, wie auch meinen Kameraakku anstecken durfte. An letzteres habe ich gestern nicht mehr gedacht, wobei nach den vielen Fotos aus Mailand hätte eigentlich klar sein müssen, dass er bald leer sein wird. Auch mit warmen Wasser wird hier sparsam umgegangen, abwaschen ist also nicht so einfach. Aber das war mal meine erste Aufgabe. Man macht hier jedenfalls nichts allein, alle helfen überall mit. Somit haben Marco und ich abgewaschen und Mattia abgetrocknet.

Gnocchi della Anna e Marco

Ich weiß zwar nicht mehr genau, wie es dazu kam, aber irgendwann erzählte ich Marco von Toms und meinem ersten Versuch, Gnocchi zu machen. Es war eine kleine Katastrophe. 😉 Darauf meinte er, er zeigt mir, wie man richtige Italienische macht und heute wollte er sein Versprechen halten. Nach dem leckeren Mittagessen, Salat und endlich wieder Toma-Käse und Salami zum Mittagessen – und natürlich nicht zu vergessen einem Gläschen Rotwein und Genepy, war es endlich so weit. Marco machte zum ersten Mal in seinem Leben Gnocchi. 🤣 Wir kochten 2kg Kartoffeln, die dann noch möglichst heiß geschält werden mussten. Er meinte, wir müssen daraus einen Wettbewerb machen, wer schneller ist. Er hatte keine Ahnung, dass für mich die heißen Dinger kein Problem sind. Er dafür hüpfte wie ein Rumpelstilzchen mit den heißen Kartoffeln in der Gehend herum und verlor. Fairerweise muss ich aber gestehen, dass ich mir die kleineren aussuchte. Die nächste Hürde war das „faschieren“ von den Kartoffeln. Sie haben hier nur ein Passiersieb und keine Kartoffelpresse. Mit vereinten Kräften, Marco hielt das Sieb, ich stopfte und drehte, schafften wir aber die flaumige Masse durchzudrücken und kneteten dann zwei Eier und das Mehl hinein. Es blieb nicht bei einem halben Kg, Mattia gab immer mehr Mehl dazu, bis der Teig nicht mehr an den Händen kleben blieb. Dann kam nur noch stückweise Röllchen machen, schneiden und auf Tablett auflegen. Eine einfache Aufgabe, an der wieder alle beteiligt waren. Wir schnitten, Mattia legte die Gnocchi auf das bemehlte Tablett, Massimo bereitete die nächsten Tabletts mit Backpapier vor. Es war echt eine Gaude und das Ergebnis ließ sich blicken. 7 große Tabletts mit Gnocchi kamen in die Gefriertruhe. Da war ich auch sehr überrascht, es gibt hier tatsächlich mit Gas betriebene Gefriertruhen.

Eine kleine erste Kostprobe der Gnocchi gab es mit Butter und Salbei, zum Abendessen zu Thomas Leidwesen dann mit Gorgonzolasauce. Der Arme kam fix und fertig um 20:30 im Rifugio an. Wir kamen ihm dann die letzten 10min entgegen und Marco nahm ihm seinen 14kg schweren Rucksack ab. Normalerweise mit deutlich weniger Gewicht auf der GTA unterwegs, machte ihm das Zusatzgewicht zu schaffen. Lachen mussten wir dann alle, als Thomas einen „racket“ den er unterwegs aufgesammelt hatte herzeigte. Es war meiner!

Der finstere Mond

Weder die für heute angesagten 20 Gäste, noch der Mond ließ sich blicken. Letzterer versteckte sich bis 23:30 hinter dem Berg und als er endlich vorkam, war nur mehr eine kleine Sichel von dem Finsteren zu sehen. So verbrachten wir aber einen gemütlichen Abend bei Gitarrengesang und Genepy und betrachteten stattdessen die Sterne.

Route

Links

Fotos von den Tagen im Rifugio San Ferioli
Route auf Komoot

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3 Comments
  1. Antworten

    K2

    Juli 31, 2018

    Das weiß doch eigentlich jedes (männliche) Kind: Frauen haben Asbest-beschichtete Hände.

    Jeder Mann, der schon mal ins Spülwasser von Frau/Freundin, Mutter oder Oma gegriffen hat (oder eben versucht hat, Kartoffeln frisch aus dem Kochtopf zu schälen), weiß das doch eigentlich Zeit seines Lebens: Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.

  2. Antworten

    Volker Rinner-Hänsel

    August 9, 2018

    endlich zu Hause kann ich dein/unseres Abenteuer nachlesen. Danke für das Teilhabenlassen.

  3. Antworten

    Kasia

    September 4, 2018

    Ich kann es kaum mehr erwarten die leckeren Gnocchi mit der Salbeisauce zu kosten … oh mann die klingen herrlich!!!!

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Höhe statt Ferne

zur StoryView more

2017 war für mich das Jahr der weiten Wanderung – in 100 Tagen ging ich von Graz nach Monaco.

Als ich damals im Piemont am Monte Rosa vorbeigewandert bin, wusste ich … irgendwann werde ich diesen Gebirgszug nicht nur aus der Ferne betrachten. Aus “irgendwann” wurde “sehr bald” …

… und so habe ich 2018 meine Prioritäten anders gelegt und mich unter dem Motto “Höhe statt Ferne” kürzer, dafür höher nach oben orientiert und auf einer zweitägigen Tour meine ersten 4.000er Gipfel bestiegen und auf der höchsten Berghütte Europas übernachtet.

In meinem Tagebuch kannst Du über dieses besondere Erlebnis nachlesen.

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